Ich schaue in dein Gesicht und versinke in den müden Augen, die von winzig kleinen Falten umrahmt werden.
Dort sammeln sich die verwaschenen Reste der Wimperntusche am Ende eines langen Tages, immer dann, wenn das Laptop-Licht noch strahlt und das Bett mit jedem Uhrzeigerschlag in eine noch weitere Ferne rückt.
Zwischen Emails und Anträgen, Aufräumen und Waschbergen, irgendwo zwischen Weiblichkeit und Superheldinnen-Dasein schmiegt sie sich an einen; Die Stille der Nacht und mit ihr kommen auch immer die gleichen Selbstzweifel.
Es ist schon wieder viel zu spät, dein Tag scheint nie mit genügend Stunden bestückt, es gibt kaum etwas auf dieser Welt, was dich erschöpfen könnte, kaum zu glauben, dass es am Ende wieder nur der Schlafmangel ist, der die Motivation besiegt.
Und motivierter könntest du eigentlich gar nicht sein; Dein Herzblut pocht wie Feuer in den Venen.
Da ist ein Traum, eine Vision und für die würde frau auch noch viel mehr als nur den Schlaf hergeben, für Ziele, die vielen Menschen sinnlos erscheinen, zumindest erwähnen sie dies bei jeder Gelegenheit und schon wieder nisten sich die Zweifel ein.
Aber nein!
Ich habe schon genügend eigene Stimmen im Kopf die mir jede Menge Unsinn erzählen wollen, die mich klein halten und das Echo einer fatalen Erziehung sind, das mich als Frau stets in Frage stellte.
Das mich selbst in Frage stellen ließ; Meine Fähigkeiten und Körperlichkeit, also nein, ich brauche weder deine Zweifel, noch die Demotivation, glaube es oder nicht, aber ich schaffe das schon, von mir aus auch allein!
Und ist es nicht bitter, das Frauen scheinbar immer einen einsamen Kampf führen müssen?
Nicht nur gegen das Flüstern in den eigenen Gedankengängen, sondern auch gegen die Lacher, die Häme und die Zeigefinger, die sich gegen einen richten.
Es sind nicht unsere Pläne, die uns fordern, nicht die Kinder, nicht die Waschberge, auch nicht die Emails oder Aufträge!
Es ist das stetige “Sich beweisen müssen”, aber was soll ich denn noch für Beweise erbringen, die darlegen, dass ich eine immense Kraft in mir trage, die sich nicht einfach auflöst, nur weil ich ein Paar Eierstöcke habe.
Wer weiß, vielleicht sind es grade die sanften Hügel der “Pampa”, die uns in die Regionen locken, weil sie uns an die eigenen Rundungen erinnern, während sich in den Städten eher Hochhäuser wie Phallusse in den Himmel strecken.
Zwischen Kanten und Ecken fehlt es an Horizonten und Weitsicht, die es aber braucht für Visionen und Gleichgewicht.
Ich kann keine frische Brise der Veränderung sein in einer Welt geschaffen von Männerhand, eine Welt in der man sich vor lauter Ellenbogen kaum bewegen kann.
Aber für große Ziele braucht es eben Platz, Raum zum Atmen und deswegen sind wir hier, weil wir in der Lage sind Potential dort zu sehen, wo es andere nicht erwarten."
Und Dinge zu erwarten, die nicht da sind, damit kennen wir uns bestens aus:
So zu tun als wäre man keine Frau, so zu sprechen, als habe man keine sanfte Stimme, lieber einmal nicht widersprechen, um nicht schon wieder als bossy gelten zu müssen.
Die sexistischen Witze werden still geschluckt, statt Blusen tragen wir eh viel lieber Nonnenkutten."
Wie verantwortungslos ist es denn auch, mit einem Frauenkörper durch die Straßen zu schreiten, das schreit ja förmlich nach Provokation, und natürlich sind wir lieber Hausfrauen und arbeiten auch gerne für weniger Lohn.
Warum Chef sein wollen, wenn man Sekretärin sein kann, ey natürlich kann ich Kaffee kochen, nur dafür habe ich nen Master gemacht!
Und immer lächeln, immer brav lächeln, dann sieht das Gesicht auch gleich viel hübscher aus.
Die Mundwinkel einfach oben ankleben, damit frau nicht mehr traurig dreinschauen braucht.
“Püppie, wie schnuckelig du doch bist, komm schon, du willst es doch auch, bei dem tollen Rock, den du trägst!”
Ich schaue in dein Gesicht und versinke in den müden Augen, die wacher nicht sein könnten.
Irgendetwas regt sich da in dir, irgendwas will das alles nicht länger akzeptieren.
Viel zu lang hast du dich genau so verhalten, wie man es von dir verlangte, weil Erfolg eine Art Vertrag mit dem Teufel war und Wahrnehmung ein Wunschtraum.
Dabei sind es grade wir, die Frauen, die man im ländlichen Raum ganz dringend braucht.
Zwischen Landstraßen und Provinzromantik, auf Feldwegen und in leerstehenden Ruinen spiegeln sich Optionen, die du für dich erkannt hast und ergreifen konntest, weil du sie dir einfach nicht länger wegnehmen lassen wolltest.
Das ist schon mal Ansage der Stadt den Rücken zuzukehren, oder die alte Heimat trotz aller Widerstände neu zu beleben;
Mir Konzepten und Ideen, die man durchsetzen muss, für die man sich engagiert und das erfordert jede Menge Mut.
So viel Mut!
Und so sind die winzig kleinen Falten in Wahrheit ein Ode an das Wachbleiben, wenn frau eigentlich schlafen will und die verwaschenen Reste der Wimperntusche eine Kriegsbemalung, die für das Weitermachen auch am Ende eines langen Tages steht.
Wir sind der Wandel, der vor lauter Herzblut wortwörtlich überkocht und das Feuer pocht in den Venen, wie der Uhrzeigerschlag, der den Umschwung immer näher bringt.
Ich wünsche mir so sehr, dass du dich gesehen fühlst und nicht unterm Radar verschwindest, dass du eines Tages in einem Meer aus Wertschätzung schwimmst für alles was du leistest.
Irgendwo zwischen Weiblichkeit und Superheldinnen-Dasein schmiegt sie sich aber trotzdem immer wieder an einen;
Die Angst davor als Frau nie zu auszureichen und genau das macht uns müde;
Die Frustration - nicht unsere Arbeit!
Deswegen müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, wie viele wir doch sind, ob in Städten oder in ländlichen Gebieten, wo wir geschlechter-gerechte Wege neu-vernetzen müssen und dazu brauchen wir auch euch, liebe Männer."
Feminismus ist keine Einbahnstraße und ja, es mag bedrohlich wirken, wenn verwelkte Strukturen auf einmal aufbrechen und Frauen jetzt selbstständig zu Unternehmerinnen mutieren.
Aber wir wollen die Welt nicht besiedeln, wir sind schon längst da und ratet mal, das war wir schon immer.
Wir wollen euch nicht von der Bildfläche verschwinden lassen, wir wollen einfach nur gesehen werden, nicht als Püppie, nicht als Kumpeltyp, sonder als die andere Hälfte der Bevölkerung.
- gleichwertig eben!
Ich will dass man mich ernst nimmt für das was ich bewegen möchte und für all die Dinge, die ich bin.
Ich will keine Zweifel mehr hören müssen, nicht von den Stimmen in meinem Kopf und erst recht nicht von allen Stimmen da draußen, die dem Erfolg einer Frau nicht trauen.
Ich blicke in dein Gesicht, sobald ich selbst in den Spiegel schaue.
Ich sehe die selben Zweifel und die gleichen müden Augen.
Und weil ich sie so gut kenne, hör’ ich nie auf an dich zu glauben, denn ich sehe dich in allem was du tagtäglich schaffst.
Für mich bist du das F in Frau,
und das F steht für Kraft!
"Das F in Frau steht für Kraft" ist hier als Video zu sehen. Der Text entstand im Rahmen des F wie Kraft - Symposiums am 6. November 2020.
Jessy James LaFleur...
... a nomad with conviction, Spoken Word artist, rapper, activist, workshop host and entrepreneur who’s taken a million and one paths around the world over the last 18 years.