Das Schöne vor unserer Haustür

Abgelaufen

Es war vor knapp fünf Jahren, als ich mich entschloss, von der pulsierenden Metropole Berlin ins beschauliche Görlitz in der Lausitz zu ziehen. Eine Entscheidung, die mit Anfang 20 eher ungewöhnlich ist, denn die meisten suchen ihr Glück in den Großstädten. Schon vor meinem Umzug musste ich mich unzähligen Fragen stellen, die Zweifel aufkommen ließen: Warum ausgerechnet in die Lausitz? Was verschlägt dich dorthin? Bist du nicht besorgt wegen der politischen Situation? Doch trotz dieser Bedenken wagte ich den Schritt, und heute, nach all den Jahren, kann ich mit Überzeugung sagen: Görlitz und die Lausitz sind für mich zu einer Heimat geworden.

Doch was hat die Lausitz, was ich vorher an anderen Orten nicht finden konnte? Was zeichnet die Lausitz in ihrer Schönheit aus? Darüber habe ich in der vergangenen Zeit oft mit meinen Freundinnen Anni und Lea gesprochen und ein paar unserer Gedanken möchte ich jetzt mit Euch teilen.

Die Landschaft der Lausitz ist dabei eines der ersten Dinge, die uns in den Sinn kam. Jedes Jahr aufs Neue zeigt sich die idyllische Landschaft mit ihren Wäldern, Bergen und Seen. Egal wonach einem gerade ist – ob im trüben, grauen Herbst entlang der imposanten Felsen und Bruchwänden des ehemaligen Steinbruchs in Königshain zu wandern, zum Pfingstfest in der Straußenwirtschaft im Weingut Wolkenberg im ehemaligen Tagebau Weltzow-Süd ein Glas Wein zu genießen, im Hochsommer den Abend am Berzdorfer See ausklingen zu lassen oder im Winter mit den Langlaufski auf den Kottmar zu fahren – in der Lausitz findet man es. Diese wundervolle Natur bietet die Möglichkeit, den Stress und die Sorgen des Alltags einfach mal zu vergessen, rauszukommen und die Schönheit und Vielfalt dieser Region zu spüren. 

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Doch nicht nur die Natur beeindruckt, auch die Städte der Lausitz haben ihren ganz eigenen Charme. Wochenmärkte in Weißwasser, Bautzen, Löbau, Zittau oder Görlitz bieten nicht nur regionale Lebensmittel, sondern auch Handwerkskunst, die die reiche Geschichte der Region widerspiegelt. Und dazu trägt natürlich auch die Nähe zu Polen bei. Nicht nur, dass wir die Möglichkeit haben, mal eben nach Zgorzelec zum Essen oder zum Feiern zu gehen, auch im Alltag wird immer wieder bewusst, dass deutsche und polnische Kultur hier aufeinandertreffen. Sei es bei Straßenfesten, die über die Grenze hinweg organisiert und veranstaltet werden, die polnische Sprache, die wir tagtäglich auf der Straße hören oder die traditionelle polnische Keramikkunst, die die Läden unserer Stadt schmückt. In Görlitz und der Lausitz zeigt sich, wie gemeinsames Leben über Kulturen, Sprachen und Grenzen hinweg geschehen kann und wie wir alle von diesem Zusammen profitieren können.

Die kulturellen Angebote vor Ort zeugen von einer lebendigen Kunstszene. Gerade diese scheint in Görlitz einen Ort gefunden zu haben, um sich auszuprobieren, sich zu wandeln oder sich neu zu erfinden. Das KunstMixTape und die KunstHalle sind längst feste Bestandteile der Stadt, während unzählige Ateliers Einblick in das künstlerische Schaffen der Region gewähren. Nicht zuletzt sind es Veranstaltungen wie das Via Thea oder die Zukunftsvisionen, die die Menschen hier zusammenbringen, sie in ihren Bann ziehen, verzaubern oder auch irritieren. Auf jeden Fall zeigen sie die Lebendigkeit und Vielfalt, die hinter den malerischen Gemäuern der Stadt zu finden sind. 

 

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Die soziokulturelle Szene prägt das tägliche Leben, schafft Raum für Begegnungen und Austausch – für Zwischenmenschliches, was manchmal nicht mehr selbstverständlich zu sein scheint. Orte wie die Rabryka, das Hotti, das TELUX und die Hafenstube bieten den Raum, aufeinanderzutreffen und einander kennenzulernen. Das geschieht dabei nicht ausschließlich in lockeren Tischgesprächen bei Bier, sondern wird auch durch organisierte Workshops, Ausstellungen, Gesprächsrunden oder Aufführungen ermöglicht. Und gleichzeitig bekommen alle, die sich engagieren möchten, hier den Raum dafür. Es sind Orte, an denen man sich einbringen oder einfach einfach mal sein kann.

Doch die Menschen, die wir hier kennengelernt haben, sind das eigentliche Juwel der Region. Wir drei sind wegen Studiums nach Görlitz gekommen. Die familiäre Atmosphäre an der Hochschule, das aufrichtige Interesse und die Unterstützung seitens der Lehrenden haben uns Halt und Perspektiven gegeben. Und gleichzeitig haben sie uns unabhängig vom Lehrstoff viel mit auf den Weg gegeben, von dem sie selbst wahrscheinlich gar nichts ahnen, was uns und unser Bild der Region prägt. Und auch außerhalb der Hochschule fanden wir Gleichgesinnte, die die Region aktiv mitgestalten und zeigen, dass Görlitz und die Lausitz mehr sind als Klischees vermuten lassen.

Für uns ist die Lausitz nicht nur ein Ort, an dem wir leben - sie ist zu unserer Heimat geworden. Görlitz und die Lausitz bieten uns nicht nur eine wunderschöne Natur, kulturelle Vielfalt und eine lebendige soziokulturelle Szene, sondern vor allem die Gemeinschaft von Menschen, die ihre Region lieben, gestalten und bewahren. Hier haben wir nicht nur ein Zuhause gefunden, sondern auch die Überzeugung, dass diese warme Region viel zu bieten hat, wenn man nur genauer hinschaut. Oder um es mit den Worten von Lea zu sagen: „Niemals nie sollten wir uns im Trott des Alltags verleben und das Schöne in dieser warmen Region aus den Augen verlieren, wenn es doch direkt vor uns liegt“.

 

Charlotte Pech…

… ist 2019 zum Studium nach Görlitz gekommen. Nach dem Bachelor in Kommunikationspsychologie studiert sie aktuell den Master Management des Sozialen Wandels an der Hochschule Zittau/Görlitz. 

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