Im folgenden Text möchten wir Euch das Projekt „Genderanteile in ESF-Projekten Hochschule und Forschung“ vorstellen. Der Artikel erschien 2023 im Hochschulmagazin Einblick der Hochschule Zittau/Görlitz.
Viel Spaß beim Lesen!
Zwei Jahre lang forschte die Nachwuchsforschungsgruppe „Genderanteile in ESF-Projekten Hochschule und Forschung“ unter der Leitung von Dr. Jana Pieper von der Fakultät Erziehungswissenschaften an der TU Dresden zu den Gründen, weshalb Frauen in der Forschungswelt unterrepräsentiert sind. Die Ergebnisse wurden Ende des Jahres 2022 in einem Abschlussbericht mit 54 Handlungsempfehlungen dem Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur vorgelegt. In einem Interview mit Bernadette Rohlf, der wissenschaftlichen Mitarbeiterin im Projekt, haben wir mehr über die Arbeitsgruppe und deren Erkenntnisse erfahren.
Die Nachwuchsforschungsgruppe bestand aus Wissenschaftler*innen der Technischen Universitäten Dresden, Chemnitz und Freiberg sowie der Hochschulen Mittweida und Zittau/Görlitz. Das Team hat in den letzten zwei Jahren die vom Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projekte an sächsischen Hochschulen nach Gleichstellungsaspekten untersucht. Die angestrebte ausgewogene Geschlechterverteilung (Parität) wurde in der letzten Förderperiode des ESF (2014 bis 2020) mit rund zwei Dritteln geförderter Männer gegenüber einem Drittel unterstützter Frauen signifikant verfehlt. Der Auftrag für die Forschungsgruppe bestand aus der Herausarbeitung von Handlungsempfehlungen, welche die angestrebte Parität stärken und verbessern sollten. Bernadette Rohlf betonte, dass die Parität bei der Verteilung von Fähigkeiten und Intelligenz bei Männern und Frauen zwar existiert, aber die Strukturen es nicht erlauben, diese sichtbar zu machen.
© Michael KretzschmarDie Projektleitung seitens der HSZG hatten Prof. Dr. rer. nat. Maja Dshemuchadse und Prof. Dr. phil. habil. Raj Kollmorgen inne. Die Zusammenarbeit zwischen den fünf Hochschulen und den vier unterschiedlichen Fachdisziplinen war bisher einmalig in Sachsen. Die Vielfältigkeit spiegelte sich in der methodischen und inhaltlichen Zusammenarbeit wider. Am 30. November 2022 wurde die Abschlussdokumentation mit 54 Handlungsempfehlungen dem wissenschaftlichen Beirat in Dresden übergeben. Die Empfehlungen richten sich dabei an viele unterschiedliche Akteurinnen und Akteure. Die Ergebnisse sollen die Voraussetzungen für einen höheren Frauenanteil an zukünftige ESF-geförderte Projekte verbessern. Für die nächste Förderperiode von 2023 bis 2025 konnten bereits einige Punkte umgesetzt und damit verbessert werden.
Daraus ergeben sich u. a. folgende Empfehlungen für unsere Hochschule:
- Die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache in allen Stellenausschreibungen.
- Sensibilität über alle Hierarchiestufen hinweg, was Gleichstellung bedeutet.
- Sich selbst reflektieren und schauen, wo mehr Gleichberechtigung erreicht werden kann.
- Repräsentation von Frauen im Bereich Wissenschaft.
- In der Lehre Literaturempfehlungen von allen Geschlechtern zur Verfügung stellen.
- Grundlegende Weiterbildungsangebote zum Thema Gendergerechtigkeit für den akademischen Mittelbau und die übergeordneten Führungsebenen anbieten.
- Bei Konferenzen zusätzliche finanzielle Mittel bzw. Angebote für die Kinderbetreuung bereitstellen.
Frau Rohlf blickt optimistisch in die Zukunft: „Allein die Tatsache, dass wir dafür entsandt worden sind, um die Gründe für die Genderanteile zu erforschen, ist für mich motivierend“. Die HSZG und ein Teil der anderen Mitglieder arbeiten seit Januar 2023 in einer neuen Nachwuchsforschungsgruppe „FioKo - Frauenförderung durch individuelle und organisationale Kompetenzen in Bildung und Beruf (MINT)“ für zwei Jahre weiter.
Und weiter geht‘s!
FioKo ist eine ESF-geförderte Nachwuchsforschungsgruppe, die sich mit Frauenförderung in Bildung und Beruf beschäftigt, insbesondere im MINT-Bereich. Das Projekt läuft von Januar 2023 bis Dezember 2024. Ziel ist es, das Potenzial von Frauen in MINT-Berufen zu erweitern und somit zum Fachkräftenachwuchs in Sachsen beizutragen. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt wird von mehreren sächsischen Hochschulen durchgeführt (TU Dresden, TU Bergakademie Freiberg, Hochschule Mittweida und Hochschule Zittau/Görlitz) und konzentriert sich auf die systemische Analyse von Frauenförderung mit Hilfe der Soft Systems Methodology. Dabei werden wirksame Handlungspunkte in Organisationen identifiziert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Zudem wird der gesellschaftliche Kontext der Geschlechterunterschiede in Sachsen untersucht, indem das Hochschulsystem und andere relevante Systeme wie Unternehmen und regionale Netzwerke einbezogen werden.