Unterwegs mit Karen Ascher

Abgelaufen

Drei Lausitzer Akteurinnen im Kulturbereich geben Einblicke in ihren Alltag                                                                                                                             

 

Von Katrin Kamrau

 

Karen Ascher treffe an einem regnerischen Tag am Lübbener Bahnhof. Gemeinsam fahren wir zu einem Netzwerktreffen auf dem Gelände des Großenhainer Bahnhofs in Cottbus. Seit gut zwölf Jahren lebt die Kulturschaffende in der Niederlausitz. Auf unserer gemeinsamen Zugfahrt nach Cottbus erzählt mir Karen von ihrem Berufsalltag im Spreewald und davon, wie sie die Lausitz kennenlernte.

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Portrait Karen Ascher ©Katrin Kamrau / www.document-architecture.com

Ein ruhiges Plätzchen für unser Gespräch ist schnell gefunden und schon geht unsere Reise los.

Bevor sie nach Brandenburg kam, hat Karen in Mecklenburg-Vorpommern bei einem regionalen Fernsehsender gearbeitet. Als Kind dachte sie, dass im Spreewald die meisten Menschen auf Inseln leben; dass der Kahn DAS zentrale Fortbewegungsmittel sei, und dies in einer der heißesten Wetterzonen in Deutschland – kurz: Frösche, Libellen und Wasser.

Dass ziemlich vieles davon stimmt, auch wenn anders als ursprünglich angenommen, davon erzählt mir die Mittvierzigerin im Regionalexpress.

Die Lübbenerin engagiert sich mutig und leidenschaftlich für die Region sowie die Kolleginnen und Kollegen im Landkreis Dahme-Spreewald (LDS), bringt sich aktiv in Plattformen und Netzwerke ein (oder kreiert diese): ist vielgefragte Impulsgeberin und sucht und initiiert aktiv kollegialen Austausch.
So haben wir uns auch vor gut einem Jahr kennengelernt: spontan, in einer kurzen Gesprächspause während eines Ausstellungsaufbaus. Einige Tage später hatte ich eine Einladung in meinem Emailpostfach zu einer Gruppenausstellung in den Lübbener kommunalen Galerien zusammen mit rund 40 Künstlerinnen und Künstlern des Landkreises. Titel: Panorama. Organisation: Karen Ascher.

Mit viel Energie hat sich Karen über die letzten Jahre hinweg ihr Netzwerk in der Lausitz aufgebaut. Die Künstlerin setzt ganz auf Kooperation, weiß aber auch von vielen Widerständen und Schwierigkeiten zu berichten, als freiberufliche lokale Akteurin im städtischen und regionalen Kulturbetrieb Gehör zu finden.

Karen ist stark in die kulturellen Aktivitäten des Landkreises eingebunden: Sie betreute sie über einige Jahre hinweg die zwei kommunalen Galerien der Stadt Lübben, ist im Künstlerbeirat des Landkreises Dahme-Spreewald aktiv und gestaltet und betreut beispielsweise auch die Bücherzelle auf dem Lübbener Marktplatz. Ein nachhaltiges, gemeinwohlorientiertes Projekt, finanziert vom Lions Club Lübben und dem Spendenverein "Wir helfen", das Bücher 24/7 niedrigschwellig zugänglich macht, häufig Gesprächsanlass ist, zum Verweilen und zum Austausch einlädt. In der Büchertauschbox kann man auch regelmäßig aktuelle Flyer zu kulturellen Angeboten der Gegend finden. An vielen dieser Angebote ist Karen beteiligt.

Karen empfindet die kulturelle Vielfalt in der Lausitz als unglaublich groß und interessant. Sie schätzt die zentrale Lage der Lausitz in Europa, sowie die Nähe zu den Nachbarländern Polen und Tschechien. Dass der Spreewald ihr dabei über die Jahre hinweg zu einem geschätzten Begleiter geworden ist, macht Karen unter anderem in ihrem Instagram-Account @spree.every.day sichtbar.

Kooperationen mit lokalen Akteuren, ein Zusammenarbeiten auf Augenhöhe und die Stärkung kultureller Teilhabe sind Karen in ihrem Schaffen wichtig: ’Impulse für die Region von Innen heraus entwickeln’, ’aus der Kultur vor Ort schöpfen’, dafür brennt sie.

Diese Eckpfeiler ihres Tuns wollte Karen auch in den Kulturplan Lausitz einbringen. Dafür hat sie dessen Genese über zweieinhalb Jahre hinweg aktiv als Kulturschaffende begleitet.

Auch die sorbische Sprache und Kultur liegen Karen am Herzen. Hier interessiert sie das Unübersetzbare, die Identifikationskraft einer Sprache. Projektideen entwickelt sie aus dem Heute heraus. Neben Workshopangeboten und Malheften ist kürzlich das niedersorbisch-deutsche Memory-Spiel Mudra Głowka – Schlaues Köpfchen entstanden; in Zusammenarbeit mit der Sorben/Wenden-Beauftragten des LDS Sabrina Kuschy. Erhältlich ist dieses Gesellschafts- und Sprachspiel in verschiedenen touristischen und kommunalen Einrichtungen des Landkreises. Konzeption und Umsetzung: Karen Ascher. Fortsetzung folgt.

Aber Lübben ist nicht der einzige Ort im LDS an dem sich Karen engagiert. Zusammen mit weiteren Mitstreiter*innen baut sie momentan den Kulturverein Halbe.Welt auf. Einen zentralen Veranstaltungsort hat der Verein im Esperanto-Stacio gefunden: einem internationalen Veranstaltungsort gut erreichbar gelegen am Bahnof in Halbe. Hier sind seit dem Sommer 2020, zusammen mit vielen Bewohnern aus Halbe und dem Landkreis erste Ausstellungen und intergenerationelle, partizipative Aktionen realisiert worden: im Sommer 2021 fand hier das Sprachenfestival LingvaFEST’ statt; vor kurzem das Gaming Festival LUDO.

In Halbe.Welt e.V. arbeiten die Mitglieder des Vereins mit Arbeitsweisen und Formaten, die auch Karen sehr schätzt. Die Teammitglieder stärken und unterstützen einander; arbeiten vertrauensvoll und zugewandt miteinander. In den Aktivitäten des Vereins kann Karen beobachten, wie Menschen sich durch partizipativ angelegte, inklusive Kulturprojekte öffnen, einander begegnen; wie gemeinsame kulturelle Arbeit zur Stärkung der Meinungsbildung aller beiträgt; wie das Verständnis füreinander, aber auch für die Kunst wächst; wie Ideen in andere Bereiche, wie Wirtschaft oder Tourismus, getragen werden. Hier sieht sie Potentiale das gesellschaftliche Miteinander im ländlichen Raum zu stärken.

Kulturelle Teilhabe möchten die Mitglieder von Halbe.Welt zusammen mit anderen Akteur*innen aus der Region weiterentwickeln. Gemeinsam mit der Laga Luckau GmbH und dem Förderverein Lieberose entstand vor Kurzen, auf Anregung von Karen Ascher, ausformuliert und ausgekleidet unter gleichrangiger Mitwirkung aller drei Partner, ein ländlicher kultureller Ankerpunkt in Brandenburg: das Kulturdreieck Dahme-Spreewald.

Projektbezogenes Arbeiten wechselt Karen inzwischen mit festen Angeboten für Kinder und Senioren ab. Hierfür arbeitet sie mit verschiedenen sozialen Trägern aus der Region zusammen.
Für sie hat sich der Sprung in die Lausitz und damit in die Selbständigkeit im Kulturbereich gelohnt, sagt Karen kurz vor unserem Ziel. Sie schätzt es sehr künstlerische und gemeinwohlorientierte Arbeit miteinander zu verbinden, auch wenn dies manchmal viel Kraft verlangt.

Die Zugtüren öffnen sich. Wir machen uns gemeinsam auf den Weg.

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Portrait Karen Ascher ©Katrin Kamrau / www.document-architecture.com

Möchtest du mehr zu Karen und ihren kulturellen Aktivitäten hören? Dann empfehle ich diese Folge des Podcasts Digitale Wunderbar. Kunst und digitale Medien Kunst und digitale Medien von Susann Schulz. Susann und Karen haben sie gemeinsam während der Pandemie aufgenommen. Kennengelernt haben sich die beiden in einer Online-Kneipe.

Weitere Infos unter:

Katrin Kamrau...

… ist bildende Künstlerin und Kunstvermittlerin. Die gebürtige Lausitzerin hat Fotografie & Medien an der Fachhochschule Bielefeld und Kunst mit Schwerpunkt Fotografie (M.A.) an der Kunstakademie in Gent studiert. Als Freiberuflerin macht sie sich für kulturelle Teilhabe auf Augenhöhe stark. Sie arbeitet für (sozio-)kulturelle Initiativen und Institutionen der zeitgenössischen bildenden Kunst - am liebsten mehrsprachig und hands-on - zu drängenden gesellschaftlichen Fragen und (bild-)kulturellen Themen. Mehr: www.katrinkamrau.de

 

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